Adolf Hitler: Wie er zu seinem Bart kam und was er bedeutet | STERN.de

2022-08-27 04:03:31 By : Ms. Cassie Lu

Der Bart wurde zu seinem Markenzeichen, dabei war der markante zwei Finger breite Schnauzbart weder Adolf Hitlers Erfindung, noch zeichnete er ihn individuell aus. Tatsächlich war der knappe Bart ein Erkennungszeichen, das damals jeder verstand – dessen Bedeutung heute aber vergessen ist.

Neben Hitler gibt es einen weiteren bekannten Träger des Zweifingerbarts, Charlie Chaplin. Erfunden haben die beiden den quadratischen Bart nicht, prominente Träger finden sich schon hundert Jahre vorher. Eine Mode des knappen Bärtchens in den USA setzte schon vor 1900 ein und hat nichts damit zu tun, wie Hitler zu dem Schnauzer kam.

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg galt ein Schnurrbart als wahre Manneszier. Er wurde gepflegt, gezwirbelt und nachts trug der Mann von Welt eine spezielle Maske, damit der kostbare Bart nicht aus der Form geriet. In den Romanen der Zeit – etwa dem "Bel Ami" von Maupassant – kann man nachlesen, wie bedeutend ein Schnurrbart sein konnte. Er sollte Energie und Manneskraft ausdrücken und das weibliche Geschlecht elektrisieren. Der quadratische Schnauzer der US-Mode – Toothbrush Moustache – war ein Bruch mit der Ästhetik des 19. Jahrhunderts.

So modern war der junge Hitler nicht, vor dem Krieg trug er einen Schnurrbart wie sein Kaiser. Doch der Erste Weltkrieg setzte der Mode ein jähes Ende. Damals wurde in den Grabenkämpfen Giftgas eingesetzt. Schützen sollten Gasmasken, die das Gesicht mit Gummi abdeckten, tragen können. Nur schauten hier die Spitzen der mächtigen Schnurrbärte unter der Maske hervor, sie schloss nicht mehr ab. Auch unter der Maske konnte man den Bart nicht stopfen, die langen Haare hätten dann Mund oder Augen verdeckt. Der Bart der Soldaten musste also ab, auch bei Adolf Hitler.

Alexander Moritz Frey diente mit Hitler im gleichen Regiment der bayrischen Armee, später wurde er zum erbitterten Gegner seines einstigen Kameraden. Er schrieb über ihn: "Eines Abends im Herbst 1915, kam der Meldegänger, ein bleicher, langer Mensch nach der ersten Granate hinuntergestürzt. Angst und Wut in den flackernden Augen. Ein voller Schnurrbart, der später der neuen Gasmaske wegen gekappt werden musste, verdeckte noch den hässlichen, meist verkrampften Schlitz des Mundes. Sein gelbes Gesicht rötete sich, er hatte etwas von einem kollernden Puter."

Hitler kam zu dem Zweifingerbart wie Hunderttausende andere auch. Es ist umstritten, ob Hitler den knappen Bart auch nach dem Krieg immer beibehielt oder ob er den Bart eine Zeit lang wieder hat sprießen lassen. Sicher ist aber, dass er den Bart trug, als er sich zum Führer der Bewegung stilisierte.

Unter dem Einfluss seines damaligen Freundes und PR-Spezialisten Ernst Hanfstaengl erkannte Hitler die Bedeutung von stilbildenden Zeichen wie etwa dem Hakenkreuz. Für sich selbst wählte Hitler den Gefreiten des Weltkrieges. Und zu dessen Zeichen zählte auch der "Grabenbart". Damals stand der Bart noch nicht für "Hitler-Bärtchen", so berühmt war er nicht. Er wies Hitler aber erkennbar als Frontkämpfer aus und spielte zudem auf seine Gasverletzung an. Weitere Accessoires vertieften den soldatischen Eindruck. In den 1920er trug Hitler immer noch zivile Anzüge, kombinierte sie aber mit einem Trenchcoat – einem Grabenmantel, eine britische Erfindung aus dem Weltkrieg. Auf andere Kleidungsstücke, die das Soldatenimage gefährden könnten - wie etwa die von Hitler gern getragene traditionelle Lederhose – verzichtete er später. An dem einmal gefundenen ikonografischen Look hielt Hitler bis zum Ende fest.

Heute wirkt die Maskerade befremdlich, damals war es ein klares Statement. Hitler betonte damit das Soldatische und seine Modernität. Der Look markierte einen sofort sichtbaren Bruch mit dem überkommenen Modell der bürgerlichen Honoratioren-Partei mit ihren gesetzten Äußeren. Gelegentlich war Hitler gezwungen, die äußeren Formen der verhassten bürgerlichen Welt anzulegen. Doch mit Frack und Zylinder fehlten Hitler die markanten Signale des "Führer-Looks", den er stets zu inszenieren gedachte.

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