Daten des Bundes visualisiert – Diese Probleme bremsen die nachhaltige Entwicklung der Schweiz | Der Bund

2022-07-29 09:47:35 By : Ms. Joyce Tian

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Als UNO-Mitglied hat sich die Schweiz zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verpflichtet. Und dank ihrem hohen Bildungsniveau, ihrer Wettbewerbsfähigkeit sowie der guten Gesundheitsversorgung und Infrastruktur hat sie beste Voraussetzungen, die Ziele der Agenda zu erreichen. Doch innen- und aussenpolitisch sei die Schweiz «ungenügend auf Kurs», schreibt der Bundesrat in einem neuen Bericht .

Dieser weist Mängel beim nachhaltigen Konsum und der nachhaltigen Produktion, bei Klima, Energie und Biodiversität sowie bei Chancengleichheit und sozialem Zusammenhalt nach. Das sind sechs der wichtigsten Probleme:

Der Boden ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen. Durch den Bau von Siedlungen, Strassen und Industrieanlagen geht aber immer mehr natürliche Fläche verloren – ein Prozess, der kaum rückgängig gemacht werden kann und daher auch nachfolgende Generationen betrifft. Innert 33 Jahren sind die Siedlungsflächen in der Schweiz um fast ein Drittel gewachsen. Pro Minute wurden rund 45 Quadratmeter verbaut.

Die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung sowie die Entwicklung der Mobilität und der Wohnformen haben dazu geführt, dass die Siedlungsflächen gewachsen sind. Und dort, wo Gebäude und Strassen entstehen, wird der Boden versiegelt. Dadurch verliert er seine natürliche ökologische Funktion als Lebensraum, Speicher und Filter für Niederschläge sowie die Fähigkeit, Stoffe umzuwandeln und abzubauen. Im Jahr 2018 machten die versiegelten Flächen 5 Prozent der Landesfläche aus. Das entspricht einer Zunahme von über einem Drittel im Vergleich zu 1985.

Die Schweizerinnen und Schweizer leben auf grossem Fuss. Das zeigt sich beim sogenannten Material-Fussabdruck, der den inländischen Rohstoffverbrauch abbildet. Er berücksichtigt neben den in der Schweiz gewonnenen Rohstoffen auch die Menge aller Rohstoffe, die im Ausland für die Herstellung und den Transport der in der Schweiz verbrauchten oder genutzten Güter und Dienstleistungen verwendet werden. 2019 wurde der Material-Fussabdruck auf gut 147 Millionen Tonnen geschätzt.

Der Rohstoffverbrauch wächst kontinuierlich, allerdings weniger stark als die Bevölkerung. Hier hat eine relative Entkopplung stattgefunden. Pro Person hat der Material-Fussabdruck in den letzten Jahren abgenommen. Trotzdem verbrauchen die Schweizerinnen und Schweizer immer noch zu viele Ressourcen, wie ein internationaler Vergleich zeigt.

Die Schweiz liegt auf Platz 24 von 160 Ländern weltweit – vor den USA, China und allen Nachbarstaaten. Generell haben Länder mit hohen Pro-Kopf-Einkommen auch einen hohen Ressourcenverbrauch. Menschen in wohlhabenden Ländern essen mehr, brauchen mehr Strom und Treibstoff, können sich mehr Produkte leisten und gehen verschwenderischer damit um.

Die Verminderung oder Vermeidung von Abfällen ist eine Möglichkeit, um den Ressourcenverbrauch zu senken und die Umweltbelastung zu verringern. Aber das Gegenteil passiert: In den letzten 50 Jahren hat sich die Gesamtmenge der verursachten Siedlungsabfälle verdreifacht.

Verglichen mit der Bevölkerungszunahme von 20 Prozent im selben Zeitraum hat die Abfallmenge überproportional zugenommen. Pro Kopf hat sie sich in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt, von gut 300 auf 700 Kilogramm pro Jahr. Immerhin hat die negative Entwicklung in den letzten Jahren stagniert.

Positiv ist auch, dass die Sammelquote von Glas, PET-Flaschen, Batterien und anderen Materialien seit 2000 um 7,5 Prozentpunkte zugenommen hat. Mittlerweile wird über die Hälfte der Abfälle separat gesammelt und dem Recycling zugeführt. Das ändert aber nichts daran, dass die Gesamtmenge der Siedlungsabfälle steigt und die Schweiz das Ziel einer Reduktion zu verfehlen droht.

Die Nationalstrassen sind für die Schweiz von grosser Bedeutung, vor allem wirtschaftlich. Doch weil es immer mehr Autos gibt und der Verkehr zunimmt, steigt auch deren Belastung kontinuierlich. Im Zeitraum 2000 bis 2019 hat sich die Zahl der Staustunden auf 30’000 pro Jahr vervierfacht. 2020 gab es einen starken Rückgang, der aber allein auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen ist.

Meistens werden Staus durch Verkehrsüberlastung verursacht. Unfälle und Baustellen sind seltener der Grund. Ein beträchtlicher Teil der zusätzlich gemessenen Staustunden ist laut dem Bundesamt für Statistik zwar auf eine verbesserte Erfassung des Verkehrsgeschehens zurückzuführen. Doch daran, dass die Entwicklung insgesamt negativ ist, gibt es keinen Zweifel.

Der zunehmende Verkehr ist nicht nur ein Problem für das Klima, sondern auch für die Menschen, deren Gesundheit und Lebensqualität. Im Jahr 2019 fühlten sich 31 Prozent der Bevölkerung zu Hause sehr stark oder eher stark vom Verkehrslärm gestört – 8,5 Prozent mehr als noch 2011. (Lesen Sie dazu: Das sind die lärmigsten Städte und Quartiere der Schweiz).

Auch die Armutsbekämpfung gehört zu den Zielen des Bundesrats. In der Schweiz sind viel mehr Menschen von Armut betroffen, als die meisten denken – und ihre Zahl nimmt zu: 2014 lebten noch 6,7 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, 2020 waren es schon 8,5 Prozent respektive 722’000 Personen. Die Grenze betrug 2279 Franken im Monat für eine Einzelperson und 3963 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern.

Fast doppelt so viele Menschen, gut 1,3 Millionen respektive 15,4 Prozent der Bevölkerung, gelten als armutsgefährdet. Ihr Einkommen liegt zwar über der besagten Grenze, aber deutlich unter dem Niveau der Gesamtbevölkerung. Jede sechste Person hierzulande ist also armutsgefährdet, jede zwölfte arm. Im europäischen Vergleich steht die Schweiz damit nicht besonders gut da.

Betroffen sind längst nicht nur arbeitslose Personen. Die Hälfte erzielt trotz Job kein Einkommen über der Armutsgrenze. Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, haben oft ein tiefes Bildungsniveau, einen Migrationshintergrund oder einen ausländischen Pass. Häufig betroffen sind auch Alleinerziehende und Familien mit vielen Kindern.

Ein weiteres Ziel der Agenda 2030 sind die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung. In dieser Hinsicht entwickelt sich vieles positiv, so haben etwa die Raucherquote und der risikoreiche Alkoholkonsum in den letzten Jahren abgenommen. Dafür ist Übergewicht ein zunehmendes Problem, also ein Body-Mass-Index (BMI: Körpergewicht geteilt durch das Quadrat der Körpergrösse) von 25 oder mehr. Bei der letzten Gesundheitsbefragung 2017 fielen fast 42 Prozent der Bevölkerung in diese Kategorie.

Beinahe die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer hat also zu viel auf den Rippen, gut 11 Prozent leiden gar unter starkem Übergewicht, Adipositas genannt. Dadurch erhöht sich beispielsweise das Risiko für Herz-Kreislauf- oder Stoffwechselkrankheiten.

Übergewicht wird laut dem Bund von zwei wichtigen Faktoren beeinflusst: Bewegung und Ernährungsgewohnheiten. Anscheinend essen viele Menschen hierzulande mehr, als sie nötig hätten. Das kann nicht nur ungesund sein, sondern verursacht zusätzlich Abfall und Treibhausgasemissionen bei der Herstellung und dem Transport der Produkte. Auch der Ressourcenverbrauch steigt – alles Probleme, die einer nachhaltigen Entwicklung der Schweiz im Weg stehen.