Jaguar I-Pace EV400 - High Voltage auf Katzentatzen - NewCarz.de

2022-07-29 09:43:24 By : Bery Zhao

Der Jaguar I-Pace EV400 wird seit gut dreieinhalb Jahren verkauft und erhielt letzten Herbst sein erstes Facelift – Zeit für einen Test.

Einhergehend mit dieser Modellpflege hat das vollelektrische SUV auch ein Geschwisterchen erhalten. Der I-Pace EV320 leistet 320 anstelle von 400 PS, besitzt dafür mehr Ausstattung ab Werk und wird zum gleichen Preis angeboten, wie der EV400.

Für nachfolgenden Fahrbericht testeten wir aber den klassischen I-Pace EV400 in der Ausstattung S mit der Farbgebung Portofino Blue – einem reizenden Metalliclack.

Das scharfe Design des SUV wirkt enorm dynamisch und potent, macht den Briten zum echten Hingucker. Gegenüber dem Vorfaceliftmodell werden nur kleine Veränderungen ersichtlich, wie der neue Frontgrill, den nun zahlreiche Chromapplikationen zieren.

Die Außenspiegel, die Fensterrahmen und der Heckdiffusor glänzen nun dank dem 455 Euro teuren Bright Pack auch in Silber und markieren auf Wunsch optisch das Faceliftmodell. Geblieben ist die markante Lufthutze in der vorderen Haube, die den Luftstrom kühloptimierend und zugleich aerodynamisch durchströmen lässt.

In der Seitenperspektive blieb dem I-Pace seine raubtierartig geduckte Ausstrahlung erhalten, die gepaart mit den knapp bemessenen Überhängen und dem weiten Radstand dem Fahrzeug fast skulpturale Noten verleiht.

Am Heck kommt der nun silberne Diffusor noch stärker zur Geltung und seine exotische Formgebung bleibt weiterhin eine Mixtur aus ein bisschen Sportcoupé, Gran Turismo, jedoch weniger SUV, als erwartet. In Summe besitzt der I-Pace dadurch immer noch ein aufregendes Alleinstellungsmerkmal.

Der Innenraum wirkt überall kontinuierlich sehr hochwertig. Dies bleibt bis ins Detail so und daher ist eine ordentliche Portion Noblesse an Bord des Jaguar omnipräsent. Cockpit und Instrumententafel zeigen in Gänze viele Analogien zu herkömmlichen Jaguar- und Land-Rover-Modellen, wodurch sich insbesondere Kenner dieser Marken sehr schnell auch im I-Pace heimisch fühlen.

Die auffallend straff gepolsterten, aber dennoch überaus bequemen Premium Sportsitze besaßen im Fall des Testwagens eine Bezugsmixtur aus feinem Alcantara und dem Premium-Stoff Dapple Grey – es gibt beides nur im Doppelpack. Kostenpunkt für diese 18-fach elektrisch verstellbare und voll klimatisierte Bestuhlung: stattliche 7.180 Euro extra.

Platztechnisch geht es im Jaguar I-Pace EV400 überaus großzügig zu. Da die E-Motoren direkt an den beiden Achsen arbeiten und der Akku quasi die Bodenplatte dazwischen übernimmt, darf man sich über ein fürstliches Raumgefühl an allen Orten freuen.

Das gilt nicht nur für die Sitzgelegenheiten, sondern auch für den Kofferraum, der mindestens 656 Liter aufnimmt. Klappt man alle drei Teile der Rückbank um, wächst das Ladeabteil auf 1.453 Liter an. Der Boden bleibt dabei nahezu plan. Unter diesem findet man sogar noch Platz für die Ladekabel und weiteres Kleinzeug.

Zusätzlich gibt es unter der Motorhaube durch den fehlenden Motor ein weiteres Staufach, welches 26 Liter Stauraum offeriert und entweder das schicke Handtaschen-Accessoire der Begleitung oder eben auch das Ladekabel hier unterbringen lässt.

Das optionale Glasdach sorgt für viel Licht und eine tolle Atmosphäre. Auch wenn es nicht zu öffnen ist, macht es den Innenraum einfach luftiger und heller. Bei kühlen Temperaturen fiel uns direkt nach dem Losfahren nach längerer Pause ein vernehmbares Knistern im Dachbereich auf, was anfangs durchaus für Sorgenfalten gut war, die jedoch nach einiger Zeit wieder verschwanden.

Mit zwei Elektromotoren – je einen pro Achse – wird der Jaguar I-Pace EV400 zum Allradfahrzeug und stemmt gehörige 400 PS auf die Straße. Das Gesamtdrehmoment beträgt knapp 700 Newtonmeter und das Beste daran ist, dass dieses bereits ab Sekunde null vollständig zur Verfügung steht.

Dementsprechend nageln die generierbaren Beschleunigungskräfte die Insassen praktisch an die Polster – nach 4,8 Sekunden sind laut Jaguar 100 km/h erreicht. Wir wollten es genau wissen und haben nachgemessen: 4,81 Sekunden benötigten wir im besten Fall und das gelang uns auf Winterbereifung – beeindruckend.

Genau hier wird es Zeit eine echte Lanze zu brechen, denn das Traktionsvermögen des I-Pace ist einfach mit einem Wort beschrieben: Grandios. Selbst auf nasser Fahrbahn lässt sich das Allradkonzept nicht aus der Ruhe bringen und verteilt die Bären- – Pardon – Raubkatzenkräfte so clever auf alle Viere, dass man keine Angst vor etwaigen Gripverlusten haben muss.

Der tiefe Schwerpunkt und ebendiese kunstvoll verteilte Leistung lassen das Kampfgewicht dieses SUVs von immerhin 2,2 Tonnen sich subjektiv in heiße Luft auflösen. Unfassbar, wie der Jaguar durch Kurven jagt, dabei auch der tiefe Schwerpunkt jedwede Kipp- und Wankbewegung verhindert.

Der I-Pace fährt sich ungemein handlich, besticht durch eine messerscharf dirigierbare Lenkung mit perfektem Feedback sowie durch die bei Bedarf supergiftige und im Test lückenlos standfeste Bremsanlage.

Die Stärke der Rekuperation lässt sich in zwei Stufen einstellen und die Luftfederung besitzt neben der manuellen Einstellmöglichkeit auch eine Automatik, welche die Raubkatze ab einer bestimmten Geschwindigkeit für einen besseren Luftwiderstand absenkt, oder dies für ein komfortableres Ein- und Aussteigen tut, sobald der Wahlhebel in die P-Position gebracht wurde.

Wie klingt eigentlich so ein I-Pace? Nun, bei dezentem Rangieren erzeugt ein Klanggenerator spacig-futuristische Klänge, die eher an Fluggeräte transstellarer Herkunft erinnern. Beim Beschleunigen gibt’s das typische Surren, welches aber nie aufdringlich wird. Maximal schafft der Brite übrigens 200 km/h und bis dahin geht es mit Vehemenz. Oder anders gesagt, der I-Pace könnte auch noch schneller, wird hier aber elektronisch eingefangen.

Eines kann der I-Pace allerdings, was die Konkurrenz so nicht in petto hat: Er kann auch offroad bewegt werden, denn dank spezieller Features gelingt es, das E-SUV mit bestmöglicher Traktion auch durchs Gelände oder selbst durch seichte Wasserdurchfahrten zu dirigieren.

Das sogenannte Adaptive Surface Response erkennt die Gegebenheiten automatisch und passt Antrieb sowie Bremsen diesen entsprechend an. Eine zuschaltbare Anfahrhilfe reguliert die Kraft an jedem Rad entsprechend so, dass man bei Schwierigkeiten auch wieder loskommt.

Mit dem Facelift erhielt der I-Pace auch einen neuen Onboard-Loader, der nun 3-phasiges Laden mit Wechselstrom – also AC – erlaubt. Dadurch lädt das SUV an einer entsprechenden Wallbox mit 11 kW. Per Schnelllader sind am Hypercharger Ladeströme bis zu 100 kW möglich.

Wir hatten den Akku nie unter zehn Prozent entladen und vielleicht lag es daran, dass der Ladestrom während unserer Ladevorgänge an einem Hypercharger mit 150 kW Maximalladestrom höchstens 80 kW entsprach. Unser Ladevorgang dauerte so insgesamt 1:10 Minuten bis zu einem vollgeladenen Akku.

Der Jaguar I-Pace EV400 besitzt einen gut 600 Kilo schweren Lithium-Ionen-Akku mit enormen 90,2 kWh Kapazität. Das soll laut Hersteller bis zu 470 Kilometer reichen. Wir schafften nie die 400 Kilometer und das, ohne ständig mit Bleifuß unterwegs zu sein.

Unser Schnitt lag bei 345 Kilometern, wobei noch eine Restreichweite von 31 Kilometern bei 10 Prozent Akkustand angezeigt wurde. Das ergibt hochgerechnet einen Schnitt von 376 Kilometern mit einer Akkufüllung. In Anbetracht des Gebotenen ist das immer noch ein gutes Ergebnis.

Der Durchschnittsverbrauch wird vom Hersteller mit 22 kWh pro 100 Kilometer angegeben. In unserem Test lag das Ergebnis im Drittelmix bei 24,8 kWh.

Auf der 20 Kilometer langen Sparrunde konnten wir den Verbrauch sogar auf 14,7 kWh pro 100 Kilometer senken. Das bedeutet, wenn man nie schneller als 90 km/h fährt und mit äußerster Zurückhaltung im Gasfuß und vorausschauend unterwegs ist, könnte man die von Jaguar angegebene Reichweite theoretisch sogar deutlich überbieten.

Die andere Seite der Medaille ist dann das durchgängige Abrufen der Leistung, bei dem der Stromverbrauch auf über 44 kWh anstieg.

Ein Jaguar ist von Haus aus recht gut bestückt? Im Fall des I-Pace gilt das nur begrenzt. Dies zeigte sich auch am Beispiel unseres Testwagens, der als „S“ praktisch die Einstiegsvariante darstellte. Selbstverständlich gab es noch eine ganze Reihe von optionalen Features zusätzlich und wir möchten insgesamt die wichtigsten Dinge nachfolgend aufzählen.

Das digitale Cockpit gehört zur Serienausstattung und besticht mit einer messerscharfen Darstellung, welche auch individualisiert werden kann. Der 10-Zoll-Zentralbildschirm ist ebenso ab Werk dabei und das ausgezeichnete Navigationssystem ist inklusive.

Ein 400 Watt starkes Meridian Soundsystem mit 12 Lautsprechern befindet sich ebenfalls serienmäßig an Bord, ebenso DAB+ sowie die Konnektivitätslösungen Android Auto und Apple CarPlay.

Das Infotainment hatte leider einige Defizite vorzuweisen. Zum einen zeigte unser Testwagen bei jedem Fahrzeugstart die Daten des Bordcomputers und auch die des Navigationssystems in Meilen an. Ein Umstellen auf Kilometer wurde bei jedem Neustart wieder gelöscht.

Das ist nervig und auch mindestens drei „On-the-air“-Softwareupdates während unserer Testzeit konnten dieses Problem nicht ausmerzen. Ein Blick in diverse Foren im Internet zeigte zudem, dass dies ein bekanntes Problem zu sein scheint.

Übrigens, die automatisch stattfindenden Updates können auch ungewünschte Effekte auslösen, indem nach einem notwendigen und ohne Zutun des Fahrers durchgeführter Neustart einfach das Fahrerprofil während des Betriebs wechselt und dadurch beispielsweise eine aktive Routenführung beendet wird. Das ist gelinde gesagt eher suboptimal.

Dafür sind die anzeigbaren Möglichkeiten des Infotainments sehr facettenreich, insbesondere was die Antriebsmodalitäten angeht. Energiefluss, Energiemanagement und vieles mehr bietet eine Vielfalt, die kaum Wünsche offenlässt.

Aufpreispflichtig ist hingegen der zweite Bildschirm unter dem Zentralscreen, der die Steuerung der Klimatisierung und einige weitere Funktionen übernimmt. Das sieht ungemein klasse aus, ist aber nicht unbedingt nötig. Wer die gut 600 Euro einsparen möchte, sollte beide Varianten ausprobieren.

Weniger schön war der Umstand, dass beim Abspielen externer Musikquellen gerne nach erneutem Fahrzeugstand vergessen wurde, an welcher Stelle die Wiedergabe gestoppt wurde uns kurzerhand alles von vorne abgespielt wird. Auch werden mitunter Titel mittendrin abgebrochen und einfach der nächste Track begonnen.

Weitere Gedächtnislücken bewies das Infotainment ab und an, wenn man ein per Freisprecheinrichtung getätigtes Telefont beendet hat. Denn danach blieb die Lautstärke der jeweils gewählten Musikquelle ausgeschaltet. Einfach lauter stellen funktioniert zudem auch nicht, sondern man muss einmal die Musikquelle auf Radio stellen, danach die Startseite aufrufen und dann das Lautsprechersymbol anwählen – ein umständlicher Workaround.

Generell benötigte das System nach dem Fahrzeugstart auffallend lange, bis es bereit für Befehle war. So passierte es immer wieder, dass bis zu einer Minute nach dem Start vergingen, bevor die Regler für die Klimatisierung oder die Sitzklimatisierung auf Befehle reagierten. Auch hier ist noch Luft nach oben.

Unser Test-Jaguar besaß für 1.100 Euro zusätzlich das Surround-Soundsystem von Meridian, das 750 Watt auf 16 Lautsprecher verteilt und mit vielen technischen Raffinessen für ein fulminantes Klangbild sorgt. Sehr natürlich, detailgetreu und extrem pegelfest entpuppte sich dieses Ensemble als echtes Sahnestück und erhält daher unsere Empfehlung für alle, die oft und gern im Auto Musik konsumieren.

Voll-LED-Scheinwerfer gehören ebenfalls zur Basisaustattung. Wenn man das markante Tagfahrlicht mag, muss man auf die knapp 1.000 Euro teuren Premium-LED-Scheinwerfer wechseln und verfügt zudem über eine Matrixfunktion zum automatischen Ausblenden anderer Verkehrsteilnehmer. Im Praxistest funktionierte dies sehr gut und zuverlässig. Obendrein ist der emittierte Lichtteppich sehr hell, bei Fernlicht extrem weitreichend und überaus homogen.

Eine Heerschar an Assistenten, von denen ein Teil serienmäßig an Bord ist, erledigten ihre Aufgaben sehr gut. Der adaptive Tempomat beispielsweise, arbeitete sehr sanft und war insbesondere auf der Autobahn ein vielgenutzter Helfer. Den Innenspiegel kann man als klassische Variante benutzen, oder ihn als digitales Display aktivieren – die dazugehörige Kamera sitzt in der Haifischflosse auf dem Dach und ist dort recht gut vor Verschmutzungen geschützt.

Ein 3D-Surround-Kamerasystem erleichtert außerdem das Rangieren enorm und zeigt den I-Pace auf Wunsch aus diversen Perspektiven. Die Heckklappe öffnet und schließt relativ zügig. Unverständlich fanden wir, dass man bei geöffneter oder sich noch bewegender Heckklappe das Fahrzeug nicht verriegeln kann.

Das E-SUV wird in drei Varianten angeboten.

Die Aufpreisliste ist selbst für das Topmodell noch sehr üppig und so kann man mittels 22-Zoll-Rädern, einem Panoramadach, dem adaptiven Fahrwerk, einem Premium-Lederpaket, Carbon-Paket und vielen weiteren Dingen den Kaufpreis auf rund 125.600 Euro erhöhen – ohne Zubehör oder Garantieerweiterungen. Ein Schnäppchen ist der Jaguar also nicht.

Der Jaguar I-Pace EV400 ist optisch ein echter Leckerbissen und zog nicht selten die Blicke anderer Autofahrer und Passanten auf sich. Das kommt auch daher, dass der I-Pace gegenüber anderen Modellen durchaus noch als Exot durchgeht, so selten, wie man ihn immer noch auf öffentlichen Straßen antrifft.

Im Test hat uns der I-Pace besonders durch seine enormen Fahrleistungen und einem tadellosen Fahrwerk beeindruckt. Die Abstimmung gelang den britischen Ingenieuren derart gut, dass man nur anerkennend Respekt zollen kann. Seine gute Reichweite und die allumfassende Alltagstauglichkeit machen ihn tatsächlich zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten in der gehobenen Fahrzeugklasse und nicht allein für rein elektrische Fahrzeuge.

Dazu kommt eine zwar überwiegend aufpreispflichtige, aber auch äußerst umfangreiche Ausstattung und Platzverhältnisse, wie sie sonst in mindestens einer Fahrzeugklasse darüber zu finden sind. Das Ganze hat natürlich auch einen erheblichen Preis. Allein gut 77.000 Euro als Einstieg sind kein Pappenstiel. Wenn man dann noch ein bisschen die Optionsliste abgrast, findet man sich schnell im Bereich von sechsstelligen Beträgen wieder.

Das Infotainment sollte softwareseitig noch etwas Feintuning erfahren, damit diverse kleine Defizite ausgebügelt werden. Dann gäbe es tatsächlich keinen Anlass mehr für echte Kritik. Denn der Status Quo besitzt bei diesem Premiumfahrzeug in der Tat noch einen solchen.

Kamera: Canon EOS 5D Mark III

Technische Daten: Jaguar I-Pace EV400

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